25. September 2020 | Fabian Oppel
or etwas mehr als zehn Jahren wurde mit dem Bau eines neuen Stadtteils in Heidelberg begonnen – inzwischen leben 5.000 Menschen darin: die Bahnstadt. Ein Superlativ ist ihr in jedem Fall inne, denn sie ist die größte Passivhaus-Siedlung der Welt. Damit setzt sie Maßstäbe für modernes, nachhaltiges Bauen und Wohnen. Das gesamte Areal umfasst 116 Hektar, was einer Größe von über 160 Fußballfeldern entspricht. In diesem Blogpost möchten wir euch ein Bisschen was über dieses Benchmark-Projekt bei uns in der Nachbarschaft erzählen.
Güterbahnhof und Militärflächen
Früher waren Teile der Bahnstadt Militärgelände, das inzwischen freigeworden ist. Außerdem verliefen durch den Stadtteil Gleise, denn der ehemalige Güterbahnhof war hier gelegen. Bis 1987 in Betrieb, gab die Bahn schließlich das Areal auf. 26 Kilometer Gleise, 100 Weichen und rund 47.000 Schwellen entfernte die Deutsche Bahn. „Nur“ noch der Hauptbahnhof steht vor der Bahnstadt. Ihr Name ist also Programm.
Dabei weisen verschiedene Details heute noch auf die ehemalige Nutzung des Gebietes: Der ICE-Spielplatz zum Beispiel, oder „der Güterbahnhof“, eine private Veranstaltungshalle mit Gastro- und Event-Angebot. Der ehemalige Tankturm des Bahnbetriebswerkes ist heute ein Zentrum für Kultur-Events und andere Veranstaltungen.
Neue Standards für neuen Stadtteil
Schon der erste Blick auf die Bahnstadt zeigt: Hier entstehen mehr als „Zweckbauten“. Architektonisch topmodern kommen die Neubauten in der Bahnstadt daher, konsequent im Passivhaus-Standard gebaut. Selbstredend erfolgt die Versorgung mit Strom und Wärme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Eine Untersuchung für die Stadt Heidelberg brachte nun zutage, dass die Bewohnerinnen und Bewohner für Heizen und Strom 0,13 Tonnen CO2 pro Person und Jahr verursachen (Stand: Januar 2020). Das sind 94 Prozent weniger, als durchschnittlich ein Einwohner Heidelbergs verursacht – den gesamten CO2-Fußabdruck machen aber natürlich auch andere Faktoren und selbstgewählte Entscheidungen aus.
Geplant ist, dass knapp 7.000 Menschen in der Bahnstadt leben werden, rund 3.700 Wohnungen sollen insgesamt entstehen – aktuell sind davon knapp 2.800 fertiggestellt. Damit zeigt die Bahnstadt, wie Städte und Kommunen gegen den wachsenden Wohnraummangel vorgehen können. Und das ist auch nötig! Laut Aussage der Stadtverwaltung ist die Geburtenrate in der Bahnstadt die Höchste in ganz Heidelberg: Jeden vierten Tag kommt im Schnitt eine Bahnstädterin oder ein Bahnstädter auf die Welt. Insgesamt acht Kinderbetreuungs-Einrichtungen gibt es im Stadtteil, eine weitere soll noch hinzukommen.
Wohnen, Wissenschaft, Gewerbe und Kultur
Die Bahnstadt hat allerdings weit mehr als ein reines Wohngebiet in petto. Neben Gewerbeflächen für Handels- und Dienstleistungsunternehmen bietet die Bahnstadt auf ihrem sogenannten „Campus“ ein Zuhause für Forschung und wissenschaftsnahe Unternehmen. Branchen wie Life Sciences, Biotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnik ebenso wie Energie- und Umweltwissenschaften finden hier ein optimales Umfeld. Dieses Konzept fördern auch Land und Bund. Knapp 16 Millionen Euro an Fördermitteln hat die öffentliche Hand beigesteuert.
Wer die Bahnstadt einmal „Live“ erleben will, muss nur einen Schlenker hinter den Bahnhof machen. In jedem Fall sehr interessant, wie die Stadtplanung von „morgen“ heute schon aussieht :-)
Header-Bild: Stadt Heidelberg, Foto: Christian Buck