Im vergangenen Jahr beschloss die Bundesregierung im Rahmen des Energie-Entlastungspakets das 9-Euro-Ticket. Das Ticket sollte die Bevölkerung von den stark gestiegenen Energiepreisen entlasten und den Umstieg auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) attraktiver gestalten. Deutschlandweit konnten Ticketinhaber:innen zwischen Mai und August 2022 jedes Nahverkehrsmittel nutzen.
Jetzt hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zum ersten Mal eine Studie zum 9-Euro-Tickets durchgeführt: Die Studie untersuchte unter anderem in Kooperation mit GIM Traces – dem Geolocation-Tracking-Panel der GIM – die Auswirkungen auf das Kauf- und Nutzungsverhalten des 9-Euro-Tickets in den Sommermonaten 2022.
9 Euro-Ticket: Ein voller Erfolg?
Verkauft wurden laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) insgesamt 52 Millionen Tickets. Weitere 10 Millionen Tickets gingen an die Inhaber:innen von Jahreskarten und Abonnements, sowie Schüler- und Semestertickets. Hier galt das 9-Euro-Ticket automatisch und die Preisdifferenz wurde im Nachhinein erstattet. In der Studie gaben 40-42% der Befragten an, ein 9-Euro-Ticket gekauft zu haben. Zusätzliche 16-17% Prozent verfügten über eine Zeitkarte, die als 9-Euro-Ticket gültig war.
Ticket vor allem für den Freizeitverkehr genutzt
Junge Menschen und Geringverdiener:innen profitierten am stärksten von dem 9-Euro-Ticket. Bei den unter 30-Jährigen nutzten 57% das Ticket. Die Mehrheit (60 %) aller Haushalte mit einem Netto-Einkommen unter 1.000 Euro machten ebenfalls Gebrauch von dem 9-Euro-Ticket.
Genutzt wurde das 9-Euro-Ticket vor allem für den Ausflugs- und Freizeitverkehr. Hier konnte ein Anstieg der durchschnittlich mit dem ÖPVN zurückgelegten Distanz beobachtet werden. Sie lag 36% über der durchschnittlichen Wegelänge. Im Hinblick auf die Alltagsmobilität wurde jedoch nur geringe Auswirkungen gemessen. Ein langfristiger Umstieg auf den ÖPNV konnte in der Studie nicht festgestellt werden.
Insbesondere Städter:innen erwarben das Ticket. Lediglich ein Drittel der im ländlichen Raum wohnhaften Personen nutzten das 9-Euro-Ticket. Hier zeigt sich das Stadt-Land-Gefälle beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Im Allgemeinen besaßen ein Drittel der Ticket-Käufer:innen ein Auto. Allerdings fallen hierunter auch Personen, die bereits vor dem 9-Euro-Ticket den ÖPNV nutzten.
GIM Traces an Studie beteiligt
Die Studie basiert unter anderem auf den Bewegungsdaten des Geolocation-Tracking-Panel GIM Traces. In einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe von 2.113 Personen wurde im Zeitraum von Anfang Mai bis Ende September 2022 alle zurückgelegten Wege (inkl. Fahrtzweck und Verkehrsmittel) gemessen und ausgewertet.
In drei Umfragewellen am Ende der jeweiligen Monate wurden die Teilnehmer:innen zu ihrem Verkehrsverhalten befragt. Hierbei wurde neben den demographischen Daten auch gefragt, ob den Teilnehmer:innen ein Auto zur Verfügung steht, wie oft sie die einzelnen Verkehrsmittel nutzen und ob sie vorher bereits eine Zeit- oder Rabattkarte für den ÖVPN besaßen. 1.233 Personen nahmen an diesen Online-Befragungen teil. Durchschnittlich waren die Befragten 48 Jahre alt und zu 55% männlich.
49-Euro-Ticket im Vergleich:
Seit dieser Woche gibt es nun das 49-Euro-Ticket. Das „Deutschlandticket“, wie es von der Deutschen Bahn (DB) beworben wird, soll als Nachfolger des 9-Euro-Tickets mehr Menschen für den ÖPVN begeistern und vergangene Kritikpunkte verbessern. In dem monatlich kündbaren Abonnement können mit Ausnahme der Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn (IC, ICE) sowie einigen wenigen Regionalexpressverbindungen, alle Verkehrsmittel deutschlandweit genutzt werden. Im Gegenteil zu dem günstigeren 9-Euro-Ticket soll das Deutschlandticket vor allem Pendler:innen zum Umstieg bewegen und somit die Alltagsmobilität beeinflussen. Die Prognosen sind gut: Bereits in den ersten drei Tagen des Vorverkaufs hat die Bahn 250.000 Tickets verkauft. Wie und ob das 49-Euro-Ticket zu geforderten „Verkehrswende“ beitragen kann, wird sich aber erst in den kommenden Monaten zeigen.
Zum Abschluss wurden noch die Erfahrung der ÖPVN-Nutzung und die Zahlungsbereitschaft ermittelt. Der Median lag bei 29 Euro. Daher könnte das Nachfolgerticket mit seinen fast 50 Euro eventuell für einige als zu teuer empfunden werden.
Headerbild: Deutsche Bahn AG/Volker Emersleben