06. August 2020 | Fabian Oppel
ass wir zu viel Plastik in die Umwelt freisetzen, ist keine Neuigkeit. Auch hier im GIM Radar haben wir über verschiedene Ansätze berichtet, wie Plastik eingespart werden kann (so nutzt KitKat in Japan zum Beispiel Papier-Verpackungen statt Plastik-Beutel). Es zeigt sich, dass viele FMCG-Produkte ohne große Probleme auf Plastikverpackungen verzichten können. Bei anderen Produktkategorien fällt es häufig schwieriger, Plastik zu ersetzen – beispielsweise bei Gehäuse von Elektrogeräten. Hier könnte nun Flüssigholz Abhilfe schaffen.
Arboform: "Plastik für den kompost"
Richtig gelesen: Flüssiges Holz. Bereits 1998 entwickelten Forscher vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) bei Karlsruhe den Bio-Werkstoff „Arboform“ (abgeleitet von arbor, lateinisch für „Baum“, eingetragene Marke). Dabei wird aus Holz der Hauptbestandteil Lignin gewonnen. Gefiltert und mit Zusatzstoffen verbunden, wird unter Hitze und Druck Lignin dann zu Granulat gepresst. Dieses Granulat kann dann in alle erdenklichen Formen gegossen werden. Übrigens: Das Granulat ist biologisch abbaubar und zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen.
Die Deutsche Welle hat schon 2010 einen Bericht über das Unternehmen und sein Produkt auf YouTube veröffentlicht.
Die Anwendungsmöglichkeiten von Arboform sind dabei vielfältig: Von Gehäusen, bspw. für Lautsprecher, über Blockflöten bis hin zu Möbeln und auch Verpackungen nennt Tecnaro, die Ausgründung vom Fraunhofer-Institut, Beispiele auf der eigenen Homepage.
Fasal: Ein werkstoff aus holz
Ein anderes Flüssigholz nennt sich „Fasal“ (auch hier handelt es sich um einen Markennamen). Das Compound besteht aus Holzfasern und einem kohlenhydratreichen Rohstoff, wie etwa Mais, wie die Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Holzwirtschaft auf ihrer Homepage erklärt. Auch diese Sorte Flüssigholz kann im gewöhnlichen Spritzguss-Verfahren verarbeitet werden.
Wie die Österreicher weiter erklären: Trotz der vielen vorteilhaften Eigenschaften hat sich der neue Werkstoff in der Möbelbranche bis jetzt noch nicht durchgesetzt. Zum Teil liege es am geringen Bekanntheitsgrad, zum Teil an wirtschaftlich-technischen Aspekten: Produzenten, die mit Echtholz arbeiten, seien mit dem Spritzgussverfahren in der Regel nicht vertraut und erwarteten vom Werkstück ein Aussehen wie Echtholz. Außerdem hätten sie oft viele unterschiedlich geformte Teile in zu geringer Stückzahl im Programm. Jedes Fasal-Teil benötige allerdings eine eigene Spritzgussform, die sich erst ab einer gewissen Mindestproduktionsmenge überhaupt rentiere.
Ein Imagevideo der österreichischen Fasal GmbH.
Flüssigholz ist eine spannende und vielversprechende Alternative zu Plastik mit Potenzial: Für den Biowerkstoff spricht, dass er biologisch abgebaut werden kann. Und das ist besonders in Zeiten wachsenden Umweltbewusstseins immer wichtiger, wie auch die GIM foresight-Whitepaper „Nachhaltigkeit und Markenführung“ zeigt.
Headerbild: Jean Wimmerlin/unsplash