17. März 2022 | Fabian Oppel
n Deutschland landeten 2019 insgesamt 12 Millionen Tonnen, eine unvorstellbare Summe an Lebensmitteln, statt im Bauch im Müll. Um dieses Problem anzugehen, hat der Discounter Lidl kürzlich ein neues Produkt vorgestellt, mit dem Obst und Gemüse vor der Tonne gerettet werden soll: Die “Rettertüte” für 3 Euro.
Jeden zweiten Tag eine Portion im Müll
Die Apothekenumschau beziffert eine durchschnittliche Mahlzeit mit 400 bis 550 Gramm Gewicht. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wirft im Schnitt jeder deutsche Bürger 75 Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg. Wenn wir jetzt ein wenig hin und her rechnen, bedeutet das, jede:r Deutsche wirft über 166 Mahlzeiten im Jahr weg. Durchschnittlich alle zwei Tage landet bei jedem von uns also ein ganzer Teller Essen im Müll.
Gleichwohl muss man einschränken: Zu dieser Summe zählen beispielsweise auch die Schalen von Nüssen oder Knochen von Fleischstücken, die zwar im Bruttogewicht enthalten sind, aber netto sowieso nicht im Bauch landen. Trotzdem: Zu viel Genießbares wird verschwendet, das aufwendig gezogen, gefüttert oder bewässert werden musste. Eine Ressourcenverschwendung auf gleich mehreren Ebenen: Geld, Arbeitszeit, Wasser, Futter, und nicht zuletzt auch Tierleben.
Wo entstehen Lebensmittelabfälle?
Die 12 Millionen Tonnen teilen sich einer Studie für das BMEL zufolge auf fünf verschiedene Bereiche auf: Schon bei der Lebensmittelproduktion müssen 1,4 Mio. Tonnen der Erzeugnisse weggeworfen werden (12%), bei der Weiterverarbeitung fallen weitere 2,2 Mio. Tonnen an (18%). Im Einzelhandel werden wiederum 500.000 Tonnen (4%) weggeworfen und die Außer-Haus-Verpflegung verursacht 1,7 Mio. Tonnen (14%). Den Löwenanteil von 6,1 Mio. Tonnen und mit 52% die absolute Mehrheit an den Lebensmittelabfällen haben aber Privathaushalte!
Den größten Teil der Lebensmittelabfälle in den Privathaushalten machten 2018 übrigens rohes Obst und Gemüse aus (über ein Drittel), gefolgt von selbst zubereiteten Speisen und Backwaren (16 bzw. 14%), Getränken sowie Milchprodukten (11 und 9%).
Die Rettertüte von Lidl
Auch wenn der Einzelhandel mit 4% sogar den geringsten Einfluss auf die Summe von weggeworfenen Lebensmitteln hat, sind 500.000 Tonnen noch immer unglaublich viel. Lidl verfolgt deshalb ein ganzheitliches Konzept, bis 2025 Lebensmittelverluste und organische Abfälle im Unternehmen um 30% zu senken.
Einer der Bausteine dafür: Äußerlich weniger perfektes Obst und Gemüse soll eine zweite Chance bekommen. Die viel gescholtene “krumme Salatgurke” soll mit dieser Strategie nicht mehr in der Tonne landen, sondern unter dem Titel “Rette mich” wieder mehr Liebe von den Verbraucher:innen erfahren. In die “Rettertüte” gepackt werden die unperfekten Produkte zum Einheitspreis von drei Euro pro Tüte verkauft. “Besonders bei Obst- und Gemüse-Artikeln können wir Lebensmittelverschwendung verringern, indem wir weniger perfekte Produkte stark rabattiert anbieten“, schätzt die Leiterin CSR und Nachhaltigkeit bei Lidl in Deutschland, Elisabeth Koep, die Situation ein. Ab Mitte Mai soll die Tüte sukzessive in allen Filialen verfügbar sein.
Wenn die Rettertüte auch nicht das “ganz große Rad” dreht, um die Lebensmittelverschwendung zu stoppen, ist sie doch ein gutes Mittel, um Verbraucher:innen zu verdeutlichen, dass Lebensmittel wertvoll sind. Im Endeffekt muss sich aber das Verhalten zu Hause ändern, damit wir nicht mehr 12.000.000 Tonnen – eine Zahl mit sechs Nullen! – an Lebensmittel wegwerfen.
Headerbild: Lidl.