18. August 2022 | Sabrina Drexel
irgends zeigt sich unsere viel zitierte “Wegwerfgesellschaft” drastischer als auf dem Schrottplatz: dort türmt sich zumeist ein Müllberg neben dem anderen voller Elektronikschrott. Das tragische dabei: viele der weggeworfenen Geräte wären durchaus noch funktionstüchtig. Anwendungsfehler und mangelnde Reinigung führen zu Fehlfunktionen, die sich jedoch oftmals relativ einfach korrigieren lassen. Gleichwohl denken viele Konsument:innen heute leider noch immer, Reparaturkosten würden sich nicht lohnen – oder sie erkennen häufig nicht, dass Reparieren doch noch geht. Das Ergebnis: es wird neugekauft!
Dieser bedenklichen, umweltschädlichen Entwicklung will nun die Österreichische Regierung entgegentreten: zukünftig erhalten österreichische Verbraucher:innen eine staatliche Subvention, wenn sie Haushaltselektro- und Elektronikgeräte wieder instand setzen lassen. Die staatliche Förderung soll Verbraucher:innen dazu animieren, ihre elektronischen Geräte länger zu verwenden – und so Umwelt und Ressourcen zu schonen. Die Maßnahme trägt den Namen: „Reparaturbonus“!
Ein Bonus für das Klima
Österreich wird so zum europäischen Vorreiter im Kampf gegen die wachsende Wegwerfgesellschaft: als erstes Land führt es eine solche flächendeckende Maßnahme für Haushalte ein. Bis zu einem Maximalwert von 200 Euro zahlt der Staat 50 Prozent der Reparaturkosten für bestimmte Elektro- und Elektronikgeräte. Dazu wurden insgesamt 130 Millionen Euro aus dem EU-Wiederaufbaufond bis März 2026 gesichert. Wer also sein Smartphone oder seinen Lieblings-Toaster noch nicht wegwerfen will, kann zukünftig den Rabattcode online downloaden und beim Reparaturbetrieb des Vertrauens einlösen. Verbraucher:innen zahlen dann nur noch die Differenz.
Neu ist der Gedanke eines Reparaturbonus indes nicht: bereits im Juni 2021 führte Thüringen den Reparaturbonus ein, der einmal pro Jahr die Hälfte der Reparaturkosten (bis zu einem maximalen Wert von 100 Euro) für Bürger:innen übernahm. Seit Beginn der Fördermaßnahme haben mehr als 7.000 Thüringer:innen den Bonus genutzt. Vor allem Handys, aber auch größere „weiße Waren“ wie Geschirrspüler und Waschmaschinen konnten so vor dem Schrottplatz gerettet werden. Am häufigsten wurden übrigens Kaffeemaschinen repariert. Ob diese besonders anfällig sind – oder die Thüringer:innen lediglich ihren Kaffee besonders lieben – konnte jedoch nicht geklärt werden.
Nach der erfolgreichen Umsetzung planen nun auch andere Bundesstaaten, wie z.B. Bayern, die Maßnahme einzuführen.
Ein wachsendes globales Problem: Europas Elektroschrott
Der Reparaturbonus möchte die Verbraucher:innen zu einer längeren Nutzung ihrer elektronischen Geräte animieren, um so Umwelt und Ressourcen zu schonen. Denn jährlich fallen absurde Mengen an Elektroabfall an, von den nur ein Teil recycelt werden kann. So wurden 2020 weltweit 53,6 Millionen Tonnen Elektroschrott gemessen (The Global E-waste Monitor 2020). Ein Großteil dieses Elektroschrotts fand auf illegale Weise seinen Weg in Schwellen- und Entwicklungsländer wie z.B. Mexico, anstatt entsprechend lokal entsorgt zu werden.
Auch in Deutschland ist das Problem des Elektroschrotts immens: 2020 fielen allein in Deutschland 1,6 Millionen Tonnen Elektroschrott an; das entspricht umgerechnet 19,4 Kilogramm pro Einwohner (Statista). Nur 0,95 Millionen Tonnen des anfallenden Elektroschrotts in Deutschland werden tatsächlich recycelt. Der Rest findet seinen Weg in die falsche Mülltonne oder verstaubt in Schubladen.
Recyclen statt Schublade!
Wer kennt es nicht? Das alte Smartphone von vor fünf Jahren mit dem Riss auf dem Display, dass zwar noch funktioniert, aber optisch nicht mehr alles hergibt und „out“ erscheint. Jetzt lagert es still in der Schublade. Wichtig wäre es jedoch das Handy recyclen zu lassen und so wertvolle Ressourcen wie Metalle oder seltene Erden wieder zugewinnen.
Neben verstaubten alten Smartphones befinden sich in deutschen Haushalten auch zahlreiche andere defekte Elektrogeräte. Lokale Initiativen und Projekte wie die „Repair Cafés“ (von denen es weltweit inzwischen mehrere tausend gibt), versuchen dem Problem entgegenzuwirken.
Kurzlebige Produkte und Konsumgesellschaft
Wie wichtig es wäre, die Lebensdauer von elektronischen Haushaltsgeräten zu verlängern, erkennt man daran, dass sich durch die zeitlich „gestreckte“ Nutzung von Smartphones, Staubsaugern und Co. jährlich bis zu vier Millionen Tonnen CO2 einsparen ließen. Laut Europäischem Umweltbüro entspräche das in etwa der CO2 Ausstoßmenge von zwei Millionen Autos. Hinzukommt die Umwelt- und Ressourcenschonung durch den geringeren Verbrauch von Wasser, Chemikalien und Seltenen Erden.
Neben der konsumbezogenen Bequemlichkeit und dem „billigeren“ Neukauf, stehen indes zunehmend auch Unternehmen in der Kritik – Stichwort „geplante Obsoleszenz“. Manche Hersteller stehen unter dem sich hartnäckig haltenten Verdacht, gezielt Produkte mit kurzer Lebensspanne zu produzieren. Im März 2021 wurde daher EU-weit das „Recht auf Reparatur“ gestärkt. Hersteller von Technikprodukten sind verpflichtet, Ersatzteile über einen längeren Zeitraum bereitzuhalten, einen zerstörungsfreien Auseinanderbau zu gewährleisten und Reparaturinformationen mitzuliefern.
Sich selbst einen Ruck geben!
Das Problem des wachsenden Elektroschrotts wird vermutlich auf absehbare Zeit weiter bestehen. Ehrenamtliche Initiativen wie Repia Cafés und staatliche Förderungen wie der Reparaturbonus weisen jedoch in die richtige Richtung und sind sicher mehr als nur Signale auf dem Weg in eine Zukunft mit weniger Müll. Am Ende kommt es deshalb auf jeden von uns an, sich den berühmten „Ruck“ zu geben und beim nächsten (scheinbar) kaputten Gerät das lokale Repair Café aufzusuchen
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