Ob Ukrainekrieg, Tierheime oder humanitäre Hilfswerke: Die Spendenbereitschaft scheint groß. Vergangene Studien zeigen ein kontinuierliches Wachstum in Deutschland. Rekordhoch bleibt das Flutkatastrophenjahr 2021: 5,77 Milliarden Euro wurden laut dem Deutschen Spendenrat gespendet. Doch wird die hohe Spendenbereitschaft hierzulande in Zeiten von hoher Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten weiterbestehen? Was bewegt eigentlich Einzelne zu spenden?
Der neue Short-Report von GIM Public beschäftigt sich mit den Motiven hinter dem Spendenverhalten der Deutschen.
Spenden – eher ein Tabuthema
Wie wir spenden und ob wir darüber sprechen, ist kultur- und länderspezifisch. In den USA ist es z.B. gesellschaftlich akzeptiert – es wird beinahe erwartet – das eigene soziale Engagement zu zeigen. In Deutschland sieht es anders aus: Hier ist man oft beschämt, Anerkennung für die eigene Spendenaktion zu fordern. Was uns aber zum Spenden motiviert und wie mit dem Thema gesellschaftlich umgegangen wird, ist für spendenabhängigen NGOs und anderen Organisationen von großem Interesse.
Spenden ist Motivsache
Spenden gibt es in zwei Formen: Entweder als Geldgabe (z.B. als Testamentsspende oder Patenschaft) oder als soziales Engagement; also die „Spende der eigenen Zeit“.
Spenden kann sowohl altruistische als auch egoistische Motive haben: Bei altruistischen Motiven steht im Vordergrund der Wunsch zu helfen oder Aktivismus, etwas in der Welt zu verändern. Anders sieht es bei den egoistischen Spendenmotiven aus: Hier steht vor allem der Eigennutzen in Form von sozialer Anerkennung oder das Beruhigen des eigenen Gewissen im Zentrum. Ob man Anerkennung nach einer Spende braucht, ist typabhängig. Der soziale Wohltäter bleibt lieber anonym, manch so genannter Promi will für seinen Einsatz gefeiert werden.
Auch die Spendenform gibt einen Hinweis auf die Motivatoren: Geldspenden sind typisch für Umweltkatastrophen oder humanitäre Unglücke. Wer eine Testamentsspende macht, will nach dem eigenen Tod nicht vergessen werden. Sicherheit und Kontrolle sind hier treibende Motivatoren. Eine langfristige Kinderpatenschaft kann z.B. für kinderlose Paare hilfreich sein. Aber auch das Gefühl einem Kind eine gute Zukunft zu bescheren und den eigenen Horizont mit der Patenschaft zu erweitern, sind mögliche Gründe.
Mehr zum Thema Spendenmotivation erfahrt ihr auch in unserem neuen kostenlosen Short-Report.
Was können Unternehmen, Verbände & Co. daraus lernen?
Wie wir über das Thema Spenden reden, ist genauso wichtig wie die Beweggründe. Unternehmen, Verbände und NGO´s sollten in ihrer Kommunikation nicht nur auf altruistische Motivatoren wie Solidarität setzen, sondern auch egoistischere Beweggründe beachten. Wichtig dabei: Nicht das individuelle Anerkennungsbedürfnis der einzelnen Spender:innen vergessen! Je nach Spendenart sollten die entsprechenden Motivatoren in die Zielgruppenansprache integriert werden. Dies ist ein schmaler Grat zwischen explizierter und implizierter Kommunikation, der sich je nach Kultur oder Kanal unterscheiden kann. Last, but not least: Spender:innen wollen einen Reward! Unternehmen sollten herausfinden, inwiefern dieser Benefit explizit in der Kommunikation genannt werden darf, um Spendende zu teilhabenden Akteuren zu machen.
Wird aber einer Krise wie in der Ukraine zu einer Art „Normalsituation“, nimmt auch die Spendenbereitschaft ab. Wer tagtäglich Bilder von Gewalt und Leiden sieht, der stumpft ab – vor allem wenn kein Ende in Sicht scheint. Das ist eine große Herausforderung für Hilfsorganisationen, die auf regelmäßige Spenden angewiesen sind. Langanhaltende oder dicht aufeinander folgende Krisen werden uns aber auch zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit begleiten. Umso wichtiger wird es für Hilfsorganisationen, die Spendenbereitschaft aktiv zu fördern und eine passgenaue Zielgruppenansprache zu finden.
Erfahren Sie mehr zum Thema Spendenmarkt und der Donor-Journey auf unserer GIM Public Webseite. Unseren neuen Short Report „Spenden und Soziales Engagement: Nur aus Altruismus?“ können Sie kostenlos über den Downloadbutton herunterladen.
Kontakt
Bei Fragen und Rückmeldungen zur Forschung für Non-Profit-Organisationen könnt Ihr Euch gerne mit GIM Senior Research Specialist Susanne Wieners-Schlupkothen in Verbindung setzen! Seit 2004 forscht sie bei der GIM, insbesondere qualitativ im Bereich Public und Non-Profit.
Susanne Wieners-Schlupkothen
Senior Research Specialist
s.wieners-schlupkothen@g-i-m.com
Headerbild: Hannah Busing/Unsplash